Die tatsächliche Verständigung als das für das Steuerrecht parallele Institut zum Vergleich
Da die Finanzverwaltung formal an das Gesetz gebunden ist, ist der Abschluss eines Vergleichs bei steuerlichen Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt nicht möglich. Hierzu hat sich aber das parallele Rechtsinstitut der tatsächlichen Verständigung entwickelt. Voraussetzung einer tatsächlichen Verständigung mit der Finanzverwaltung ist das Vorliegen eines schwierig zu ermittelnden Sachverhalts. Auch darf die tatsächliche Verständigung nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen. Ferner müssen sowohl auf Seiten des Steuerpflichtigen als auch auf Seiten der Finanzbehörde zur Vertretung berechtigte Personen schriftlich ihrem Rechtsbindungswillen zweifelsfrei zum Ausdruck bringen (FG Münster, Urteil vom 25.02.2020, Az. 5 K 795/17 U). Hierzu ist im Besonderen darauf zu achten, um die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung herbeizuführen, dass seitens der Finanzverwaltung die Amtsträger mitwirken, die die Veranlagungskompetenz haben.
Die für die Einkommensbesteuerung tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis
§ 34 EStG sieht unter anderem eine Tarifermäßigung bei der Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne vor. Eine besondere Begünstigung ergibt sich für denjenigen, der die Veräußerung nach seinem 55. Geburtstag vornimmt; diese steht ihm aber nur einmal im Leben zu. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist nach der Rechtsprechung, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Zwar existiere hierzu kein fixer Zeitraum von mindestens 3 Jahren. In seiner jüngsten Entscheidung hierzu scheint der BFH aber zumindest einen Zeitraum von 2 Jahren zu fordern (Urteil vom 11.02.2020, Az. VIII B 131/19).