Jede vertragliche Regelung ist einer Auslegung zugänglich
Es entspricht unserer Rechtsordnung und einhelliger Meinung in der Rechtsprechung und Fachliteratur, dass vertragliche Regelungen – obwohl das Gesetz dies nicht ausdrücklich anordnet – einer Auslegung zugänglich sind. Bei der rechtlichen Beurteilung, welche rechtlichen Folgen sich aus einer vertraglichen Regelung ableiten lassen, ist demnach nicht alleine der Wortsinn maßgeblich. Selbst Lücken in einem Vertrag können durch Auslegung gefüllt werden, wenn die Auslegung des Vertrags und des Vertragsverhältnisses den Rückschluss darauf zulassen, dass die Parteien die Lücke geregelt wissen wollten.
In seiner Entscheidung vom 25.04.2019 zum Az. 6 U 28/18 urteilte das OLG Düsseldorf auf dieser Linie, dass ein Vertrag auch dann geschlossen ist, wenn sich die Vertragsparteien definitiv binden wollten, selbst wenn der Vertrag Regelungslücken enthält, zu denen die Parteien eine Einigung herbeiführen wollten. Solche Lücken seien vorrangig durch das Heranziehen der Grundsätze zur ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Danach sei entscheidend, welche Regelung die Parteien nach Vertragszweck und angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben bei Ausbleiben einer Einigung getroffen hätten. Dies führte in der Entscheidung dazu, dass dem ausgeschiedenen Geschäftsführer eine Abfindung zugesprochen wurde, obwohl sich die Vertragsparteien im Rahmen der anlässlich des Ausscheidens geschossenen Vereinbarung nicht auf eine Abfindungszahlung geeinigt hatten.