Besitzübergabe einer bezugsfertigen Wohnung
Normalerweise sieht ein Bauträgervertrag für gewöhnlich eine Regelung vor, dass die Eigentumswohnung Zug um Zug gegen Zahlung der Rate für die Besitzübergabe, Abnahme des Sondereigentums und Hinterlegung des restlichen Kaufpreises zu übergeben ist. Hiermit soll der Erwerber regelmäßig zur vollständigen Kaufpreiszahlung “genötigt” werden, auch wenn die Wohnung noch gar nicht fertig ist. Doch in diesem Fall wäre die Fertigstellungsrate noch gar nicht fällig und könnte vom Bauträger weder gefordert noch rechtlich durchgesetzt werden.
Im Fall, den das Kammergericht Berlin (Urteil vom 20.08.2019 – 21 W 17/19) zu entscheiden hatte, wurde ein solches vertraglich vereinbarte Hinterlegungserfordernis als unzulässig angesehen. Der Erwerber hatte den restlichen Kaufpreis nicht geleistet, sondern nur die Besitzübergaberate und hatte die Abnahme des Sondereigentums an der zu erwerbenden Wohnung angeboten. Der Bauträger weigerte sich jedoch, den die Wohnung zu übergeben, weshalb der Erwerber die Besitzeinräumung im Wege der einstweiligen Verfügung verlangte.
Nachdem in 1. Instanz der Erwerber unterlag und gegen die Entscheidung Beschwerde einlegte, entschied das Kammergericht Berlin, dass der Erwerber im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Besitzübergabe der bezugsfertig hergestellten Wohnung Zug um Zug gegen Abnahme des Sondereigentums verlangen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass zuverlässig erkennbar ist, ein dahingehender Anspruch einredefrei besteht und der Bauträger die Erfüllung unberechtigt verweigert hat. In diesem speziellen Fall wollte der Erwerber die Wohneinheit nicht selbst zu Wohnzwecken nutzen, sondern vermieten. Maßgeblich für die Entscheidung war damit nicht die eine beabsichtigte Eigennutzung, sondern die finanzielle Belastung, die ein Bauträgervertrag und eine eventuelle Ersatzbeschaffung für den Erwerber mit sich bringen.
Die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin steht jedoch im Widerspruch zu den Entscheidungen anderer Gerichte (vgl. LG München I, IBR 2017, 437), weshalb die weitere obergerichtliche Rechtsprechung zur Übergabe im Wege einstweiliger Verfügungen abzuwarten bleibt.