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Besichtigung eines Musterhauses



Haben Parteien eines Bauträgervertrages oder auch sonst eines Bauvertrages keine besondere Vereinbarung über eine bestimmte Beschaffenheit getroffen, genügt der Unternehmer seiner vertraglichen Leistungspflicht, wenn er die der Gattung nach beschrieben Sache in einer mittleren Art und Güte herstellt bzw. einbaut. Die bloße Besichtigung eines Musterhauses stellt in diesem Zusammenhang nur eine Meinungsbildung ohne vertragliche Konkretisierung dar.

Im Fall, den das OLG Frankfurt a.M. zu entscheiden hatte (Urteil vom 05.03.2018 – 25 U 119/14; BGH, Beschluss vom 20.01.2019 – VII ZR 81/18), besichtigte der Erwerber ein Musterhaus, in welchem Parallel-Schiebe-Kipp-Türen (PSK-Türen) verbaut waren. Hierbei will der Erwerber darauf hingewiesen haben, dass er solche Türen für die Terrasse seiner Penthouse-Wohnung nicht wolle. Im Notartermin, welcher 7 Monate später stattfand, sei die Ausführung von reinen Schiebetüren (ohne Kippfunktion) als Abweichung von der Leistungsbeschreibung auch besprochen worden. Nach Darstellung des Bauträgers sei im Notartermin lediglich besprochen worden, dass die ursprünglichen Drehflügeltüren durch andere nicht näher beschriebene Schiebetüren ersetzt werden sollten. Später habe der Erwerber dann die letztlich auch ausgeführten PSK-Türen gewollt.

Im vorliegenden Fall hat sich der Erwerber – mangels konkreter vertraglicher Beschaffenheitsvereinbarung im Hinblick auf die Schiebetüren – schwergetan, eine Vereinbarung nachzuweisen, wonach die von ihm zunächst gewünschten Schiebetüren ohne Kippfunktion vom Bauträger geschuldet gewesen sein sollen. Weder konnte er einen allgemein gehobenen Standard nachweisen, noch ließen bestimmte Produkte einen zweifelsfreien Rückschluss auf ein bestimmtes Ausstattungsniveau zu (bspw. Preisvorgabe für Bodenbeläge von € 30,00/m²). Der Erwerber hätte hier beweisen müssen, dass nur der Einbau „reiner“ Schiebetüren eine vertragsgemäße Leistung darstellt und PSK-Türen insoweit nicht genügen.

Im vorliegenden Fall hatte der Bauträger PSK-Türen eines namenhaften Markenherstellers verbaut und somit die vertragliche Anforderung in Form einer herzustellenden Türöffnung durch seitlich verschiebbare, abdeckende Türen erfüllt.

Insbesondere erweis sich für den Erwerber als nachteilig, dass er nicht beweisen konnte, im Rahmen des Notartermins, im Einverständnis mit dem Bauträger, eine Beschaffenheitsvereinbarung bzgl. der von ihm gewünschten „reinen“ Schiebetüren getroffen zu haben. Insoweit hatte der Bemusterungstermin im Musterhaus für die Auslegung des Vertrages keine Relevanz. Zwar sind regelmäßig die näheren Umstände bei Vertragsschluss für die Auslegung des geschuldeten Leistungsumfangs zu berücksichtigen. Für den Verbraucherbauvertrag und für den Bauträgervertrag ergibt sich dies schon aus der gesetzlichen Vorschrift § 650k Abs. 2 BGB. Im vorliegenden Fall stand jedoch die Besichtigung des Musterhauses nicht mehr im zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss.

Deshalb ist es grundsätzlich ratsam, wenn eine konkrete Beschaffenheit der Herstellung oder der zu verbauenden Materialien gewünscht wird, diese konkret im Bauvertrag als solche zu regeln.

IHR/E ANSPRECHPARTNER/IN

Björn Beck
Björn Beck
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Mediator (DAA)

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